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Photovoltaische Lärmschutzwände

Zusatzfunktion solare Stromerzeugung

Die Lärmschutzwand als „so-da“-Bauwerk

Lärmschutzwände gehören zur Verkehrsinfrastruktur, sind als Ingenieurbauwerke klassifiziert, deren einzige Funktion darin besteht, als „Bollwerk“ zwischen einem prosperierenden Verkehrsweg und ruhebedürftiger Wohnbebauung zu stehen. Sie stören die Sichtbeziehungen, verstärken den Trennungseffekt, sind meist von zweifelhaftem architektonischem Wert, aber dennoch unabdingbar für eine Vereinbarkeit von Verkehr und Wohnen.

Eine Lärmschutzwand ist demzufolge ein „Soda-Bauwerk“, ein Bauwerk das einfach so da_steht. Diesem „Soda-Bauwerk“ eine oder mehrere weitere Funktionen zu geben, als „nur“ die Schallwellen des Verkehrs abzulenken und aufzuhalten, ist der Ansatz für die multifunktionale Lärmschutzwand. Die Zusatzfunktionen können die solare Stromerzeugung, die Speicherung des regenerativ erzeugten Stromes und Luftreinigung sein.

 

Zusatzfunktion solare Stromerzeugung

Für die Lärmschutzwand als solarer Stromerzeuger gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Herangehens- und Konstruktionsweisen, das Öffnet internen Link im aktuellen FensterIntegrationsmodel und das Öffnet internen Link im aktuellen FensterKonzeptionsmodel .

Die wesentliche Unterscheidung folgt aus dem Beginn des Planungsansatzes zur Nutzung des Lärmschirms zur solaren Stromerzeugung. Bei dem integrativen Modell kann die Planung der Lärmschutzwand relativ weit fortgeschritten sein, bei dem konzeptionellen Model muss der Einstieg zu einem sehr frühen Planungsstadium erfolgen.

Integrationsmodel

Beim dem Integrationsmodel werden in die konventionell geplante Lärmschutzwand Lärmschutzelemente mit integrierten Photovoltaikmodulen eingebaut. Die spezifischen Anforderungen an die Lärmschutzwand beziehen sich auf den Pfostenachsabstand, ggf. auf eine moderate Neigung der Wand, der Anordnung des Kabelkanals und dem Standort der Wechselstromkonverter. Die Photovoltaik-Lärmschutzelemente (Pv-Lse) können in normale und übliche Tragkonstruktionen der Lärmschutzwände in 2, 4 oder 5 Meter Achsabstand eingebaut werden. Auch Kombinationen mit allen anderen üblichen Lärmschutzmaterialien (Holz, Glas Beton etc.) sind möglich.

Auch Wanderhöhungen können realisiert werden, weil die ca. 1,10 m hohe Rahmen-Elemente eine Auskragung von bis zu 50 cm erlauben. Bei Sanierungen und Nachrüstungen im Zuge eines Austauschs von z. B. verschlissenen Lärmschutzelementen können integrierte Pv-Lse eingebaut werden.

Wichtig für das Integrationsmodel ist, dass die Entscheidungsschwelle zum Einsatz von Pv-Lärmschutzelementen ähnlich niedrig ist, vergleichbar mit der von Aufdachanlagen. Nach einem positiven Bescheid für einen Einbau von photovoltaischen Lärmschutzelementen ist eine möglichst ortsnahe, ab besten unmittelbare Abnahme für den photovoltaisch erzeugten Strom. Am besten eigenen sich hierfür z. B. kommunale Energiegenossenschaften.

Beispiel 1: Photovoltaische Lärmschutzwand Aschaffenburg

An der BAB A 3 wurde bei Aschaffenburg in einem Pilotvorhaben des BMVI wurden an einer 887 m langen Lärmschutzwand Lärmschutzelemente verbaut, die auf der Autobahnseite hochabsorbierend ausgebildet und auf der Anliegerseite integriert sind. Die Lsw ist in Regelausführung senkrecht aufgestellt und in einem Pfostenachsabstand von 4 m auf Bohrpfählen gegründet.

  • Gesamthöhe 3,00 m über Fahrbahngradiente
  • Fäche Lsw: ca. 3.170 m²
  • Fläche PV: 1.755 m²
  • Installierte Leistung: 150 kWp
  • Jahresertrag: ca. 108.000 kWh
  • Stromverwendung: Netzeinspeisung
  • CO2-Einsparung: ca. 180.000 kg/a

Beispiel 2: Photovoltaische Lärmschutzwand Neuötting

Für die Erschließung eines Baugebiets wurde um Schutz vor dem Lärm der St 2550 eine 4 m hohe Lärmschutzwand erforderlich. Auf der Fahrbahnseite wurden Lärmschutzelemente mit integrierten Modulen zur solaren Stromerzeugung verbaut. Der in der Lärmschutzwand erzeugte Strom wird fast zur Hälfte, in der hinter der Lsw liegenden Schule verbraucht, die andere Hälfte wird in das öffentliche Versorgernetz eingespeist.

  • Länge: 234 m
  • Gesamthöhe: 5,00 m über Fahrbahn
  • Fläche Lsw: 1.170 m²
  • Fläche PV: 500 m²
  • Installierte Leistung: 65,4 kWp
  • Jahresertrag 2017: 49.918 kWh
  • Stromverwendung: ca. 53% Eigenverbrauch in der Schule
  • ca. 47% Überschusseinspeisung
  • CO2-Einsparung: ca. 30.000 kg/a

Konzeptionsmodel

Bei dem Konzeptionsmodel muss die Planung und Konzeption der PV-Lärmschutzwand zu einem sehr frühen Stadium, unmittelbar nach den akustischen Berechnungen beginnen. Die akustischen Berechnungen definieren durch die Höhe der Beugungskante, dem Abstand zu Lärmquelle und die Länge des Lärmschirms, die hohe Wirksamkeit des Lärmschutzes.

Bei dem konzeptionellen Model sind Planungsrecht (Bebauungsplan?), Platzbedarf, die Reflektion von Schall- und Licht, Stromeinspeisung- und / oder -nutzung und bei großen Anlagen > 600 kWp das Erfordernis der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren von Beginn an der Planungen zu berücksichtigen.

Die konzeptionelle Pv-Lärmschutzwand wird über der Ebene in einem Winkel von ca. 30° bis 45° geneigt. Diese Bauart entspricht eher dem Querschnitt eines halben Lärmschutzwalls, als einer extrem schräg gestellten Lärmschutzwand. Das Konzeptionsmodel hat größeren Flächenbedarf gegenüber einer Lärmschutzwand, aber auch einen wesentliche geringere Flächenbedarf im Vergleich zu einem Lärmschutzwall.

Diese Bauart entspricht eher dem Querschnitt eines halben Lärmschutzwalls, als einer extrem schräg gestellten Lärmschutzwand. Das Konzeptionsmodel hat größeren Flächenbedarf gegenüber einer Lärmschutzwand, aber auch einen wesentliche geringere Flächenbedarf im Vergleich zu einem Lärmschutzwall.

Beispiel 3: Photovoltaische Lärmschutzwand Neumarkt in der Oberpfalz

Zur Erschließung des Baugebietes Pölling II, welches unmittelbar an der hochfrequentierten Bahnlinie Nürnberg - Regensburg war gemäß Bebauungsplan ein 7 m hoher Lärmschutzwall erforderlich, welcher mit einer PV-Lärmschutzwand realisiert wurde.

  • Länge: 744 m
  • Gesamthöhe: 7,00 m über SOK
  • Fläche: 8.668 m²
  • Installierte Leistung: 1,258 MWp
  • Netzeinspeisung: 1.221.800 kWh/a
  • Entspricht: ca. 270 Vier-Personen-Haushalte
  • Einsparung CO2: 1.075 t/a